Winterwind erblickte im Stadtstaat Dalaran das Licht dieser aus den Fugen geratenen Welt. Wie die überwiegende Mehrheit der Bewohner Dalarans, sind Winterwinds Mutter und Vater ebenfalls Magier. Die Wurzeln der Familie reichen bis in die späten Zeitlinien Arathors zurück.
Die Eltern beschenkten ihre Tochter mit liebevoller Fürsorge und einer glücklichen Kindheit. Winterwind zeigte früh eine Vorliebe für Kälte: Sie liebte die kühlen Winde, die gelegentlich von den verschneiten Höhen des Alterac-Gebirges hinunter wehten und selbst durch die Magische Barriere Dalarans zu spüren waren. Natürlich blieb das Verhalten des kleinen Menschenkinds in der Hochburg der Arkanen Magie nicht unbemerkt, doch die Kirin Tor wurden ihrem weisen Ruf gerecht und ließen Winterwind gewähren.
Durch Dalarans Nähe zum ehemaligen Königreich Lordaeron bekam Winterwind bereits in jungen Jahren oft "Untote" zu Gesicht. Schweigend stand das kleine Mädchen dann an der Innenseite der Magischen Barriere und blickte in die toten Augen, wenn die Unglücklichen den Schutzschirm vergeblich nach einem Durchlaß absuchten. Das Menschenkind bemerkte stets die Trauer der Untoten: Diese Wesen waren einst wie sie, bevor sich eine grausame Macht ihrer bemächtigt und willenlos gemacht hatte.
Der Hass, den große Teile der Allianz den Untoten entgegen bringen, ist Winterwind somit bis heute fremd geblieben.
Als die Jahre fortschritten und die Zeit des Lernens anbrach, sandte man Winterwind aus dem Stadtstaat und von ihrer Familie fort: Dalaran war kein Ort, um Zauberkundige mit der Magie des Frostes vertraut zu machen. Man entband Winterwinds Eltern einen Tag von den Pflichten des Tagwerks, um von der Tochter Abschied nehmen zu können. Am Ende dieses Tages wurde die Magische Barriere für einen Augenblick geöffnet. Winterwind weinte bittere Tränen, als sie hindurch schritt, und auf der anderen Seite fielen kleine Eiskristalle von ihren Wangen.
Man brachte sie in die Abtei zu Nordhain und befahl sie in die dortige Obhut der Lehrer. Die junge Magierin bemühte sich eifrig, und so brachte man sie bald an das große Tor, das zwischen den schützenden Mauern der Abtei hinaus in die Welt führte.
Winterwind begegnete zum ersten Mal wilden Tieren und hinterlistigen Halsabschneidern, Dieben, Mördern und Betrügern - eine wertvolle Erfahrung. Sie lernte zu kämpfen, zu überleben, zu flüchten und anderen beizustehen. Sie sah die Narren in Goldhain, und ein Stück abseits der Dummköpfe, im Gasthaus, sah sie zwei erfahrene Helden: Eine Nachtelfe und einen Menschen in schwerer Rüstung. Winterwind nahm ihren Mut zusammen und sprach die beiden an: "Verzeiht, mein Name ist Winterwind. Mein Weg hat erst begonnen. Habt Ihr einen Rat für mich?". Ein weiteres Mal meinte es das Schicksal gut mit ihr, denn die Nachtelfe mit Namen Themes lehrte sie manches und wies ihr den Weg zu einer Gemeinschaft, bei der Winterwind um Aufnahme ersuchen könne. Der Name dieser Gemeinschaft lautete "Avianas Vermächtnis".
Man gewährte ihr Aufnahme in diesen Bund, der zu jener Zeit ausschließlich aus Nachtelfen bestanden hatte. Winterwind erfuhr Freundlichkeit, Vertrauen und Unterstützung; unter Tränen der Freude nahm sie die Farben der Gilde an. Nach langer und rastloser Reise hatte die junge Magierin wieder ein Zuhause gefunden.
Im Kreise der Gilde erlernte sie Berufe und studierte fleißig die Eisige Magie. Winterwind schloß Freundschaft mit Esclarmonde, einer jungen Hexenmeisterin aus ihrem Volke. Die beiden bestritten Seite an Seite manches Abenteuer und teilten stets wie Schwestern.
Winterwinds Eltern erhielten häufig Besuch der Tochter, die jedoch stets außerhalb der Barriere bleiben mußte. Dennoch waren die Zusammenkünfte am Magischen Schutzwall erfreuliche Ereignisse, denn die Familie vereinte sich, um Freud und Leid zu teilen.
Es waren gute Tage, und die Zeit verflog. Dann kam der Tag, an dem Dalaran der Welt entrissen wurde.
An jenem Tag verlor Winterwind Eltern, Zuhause und alle Erinnerungen an ihre Kindheit.
Die Magie des Frostes ist denkbar ungeeignet, um Botschaften der Lieben aus der Ferne zu übermitteln. Um nach den Eltern zu fragen, bleibt Winterwind nur der Weg zu den Meistermagiern in Sturmwind. Leider besteht zwischen diesen und den Magiern der Kirin Tor Mißgunst; Winterwind wird häufig abgewiesen.
Die Eismagierin strebt nur noch nach einem Ziel: das Wiedersehen mit den Eltern. Winterwind findet im Schlaf keine Erholung mehr, ist fahrig und gereizt. Sie hat Unruhe in die Gemeinschaft gebracht, und dies kann sie sich nicht verzeihen:
Traurig, aber mit dankbarem Herzen legt Winterwind die Farben ab, die sie stets voller Stolz getragen hatte.
Mögen Elune und Ihre Schwester Aviana über die Bewahrer wachen - bis ans Ende der Zeit!
gezeichnet im Monat des Sommerfestes:
Winterwind, Eismagierin und Reisende, Tochter der Gela und des Mertheus zu Dalaran.